Begriffsverwirrungen – Hilfen für den Durchblick im digitalen Vokabular

03.11.2021 Katharina Hauck

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Im Kulturbereich findet seit einigen Jahren eine Transformation statt. Viele Museen und Kulturinstitutionen werden im digitalen Raum zunehmend sesshaft und erweitern ihre Vermittlungsangebote. Mit der steigenden Zahl an digitalen Formaten, Strukturen und Konzepten weitet sich auch der Wortschatz in der Kulturvermittlung. Allerdings  wird das Vokabular, das mit dem Digitalisierungsprozess einhergeht, nicht immer einheitlich verwendet und ruft Verständigungsprobleme hervor. Was ist eigentlich digital? Wovon sprechen wir, wenn wir über digital born objects reden? Und worin unterscheidet sich ein digitales von einem virtuellen Museum? Diese Ungereimtheiten sind auch darauf zurückzuführen, dass viele der Begriffsbedeutungen im Rahmen des Digitalen nicht unbedingt klar definiert sind. Diese Bedeutungslücke wollen wir mit dem folgenden Glossar füllen und ausgewählte Begriffe des Digitalisierungsvokabulars näher bestimmen.

 

1. Digital
Das Wort digital beruht auf dem lateinischen Wort digitalis (zum Finger gehörig), welches sich wiederum von digitus  (der Finger) ableiten lässt. Unsere heutige technische Bedeutung des Wortes digital unterscheidet sich jedoch sehr von ihrer ursprünglichen. Digital ist heutzutage in der Regel etwas, das „auf der Datenübertragung durch elektrische oder elektromagnetische Signale“1 beruht. Diese Datenübertragung folgt dabei einem binären „Verfahren, das Daten in zwei Zuständen erzeugt, speichert und verarbeitet: positiv und nicht-positiv. Positiv wird durch die Zahl 1 ausgedrückt oder dargestellt, nicht-positiv durch die Zahl 0.“2 Werden bspw. analoge Fotos eingescannt und digitalisiert, ist dann der Speichercode digital und folgt diesem binären Schema.


2. Digitalisierung
Digitalisierung stellt im Allgemeinen einen Umwandlungsprozess analoger in digitale Einheiten dar. Wird dieser Umwandlungsprozess auf die Gesellschaft bezogen, meint Digitalisierung einen gesamtheitlichen Vorgang – oft auch „digitale Transformation3“ genannt – welcher in einzelnen Gesellschaftsbereichen auf ganz spezifische Art und Weise stattfinden kann. Mit der Digitalisierung können etwa eine stärkere Vernetzung, eine Veränderung von Arbeitsprozessen und neue Wege der Kommunikation einhergehen. Auf den Museumsbereich bezogen meint Digitalisierung einerseits die Digitalisierung analoger Kulturvermittlungsangebote. Andererseits umfasst dieser Prozess auch ein Digitalisieren von Arbeitsprozessen und ein Vordringen der Institutionen in den digitalen Raum. Konkret beinhaltet die museale Transformation bspw. eine Umwandlung von analogen Museumsobjekten in digitale (die Herstellung von Digitalisaten), eine innovative Webpräsenz durch den Aufbau einer eigenen Website sowie das Bespielen unterschiedlicher Social Media Plattformen.


3. Digitales Museum
Ein digitales Museum kann einerseits Angebote von Museen bezeichnen, die für Besucher:innen über das Internet zugänglich sind. Andererseits können aber auch Kulturvermittlungsangebote gemeint sein, die  Besucher:innen des Museumshauses innerhalb einer Ausstellung eine zusätzliche Nutzung digitaler Angebote ermöglichen. Konkret: „Ein digitales Museum reproduziert Kunstwerke und Exponate digital und macht sie online zugänglich.“4 Diese können als Sammlung oder in speziellen Ausstellungen online dargestellt sein.  


4. Der digitale Raum
Der digitale Raum umfasst einen Raum, der sich über digitale Kommunikationskanäle bildet. Menschen können bspw. über die Verbindungen, die digitale Medien eröffnen, miteinander in Kontakt treten und so kommunizieren. So eröffnen Tools wie Zoom oder Teams digitale Meetingräume, in denen Besprechungen über digitale Kanäle stattfinden können.


5. Digitalisat
Ein Digitalisat stellt das „Endprodukt oder Ergebnis“5 eines Digitalisierungsprozesses dar. Infolgedessen bezeichnet der Begriff digitalisierte Objekte. Im Museumsbereich bezieht er sich in der Regel auf Exponate unterschiedlichster Art, die durch einen technischen Digitalisierungsprozess digital zugänglich gemacht werden. Viele Museen stellen ihre Digitalisate über Online-Bibliotheken oder die eigene Website einem Online-Publikum zur Verfügung.


6. digital born object
Digital „geborene“ Objekte sollen, wie der Name schon andeutet, „Objekte des [...] Kultur- und Wissenschaftserbes [sein], dessen Originalform eine digitale ist.“6 Das bedeutet, dass diese Objekte im Gegensatz zu Digitalisaten keinen Digitalisierungsprozess durchlaufen müssen. Als digital born objects werden Websites, Computersoftware, Digitalfotos oder Elektronische Musik bezeichnet, da diese in ihrem Entstehungsform bereits digital sind. Digitalisate bestehen dagegen ohne digitale Grundlage und müssen aus einer analogen Form erst digitalisiert werden, um ein digitales Objekt zu werden. Doch diese Definitionsperspektive ist nicht unumstritten. Es gibt auch eine Sichtweise, die alle digitalen Objekte als digital born objects anerkennt. Aus diesems Blickwinkel heraus wird die Frage aufgeworfen, ob Digitalisate nicht eigenständige neuartige? Objekte sind, die sich von ihrem nicht-digitalen Vorbild unterscheiden und somit auch digital „geboren“ sind.  

 

7. Gamification
Als Gamification wird „die ‚didaktisierte Verwendung spielerischer Elemente‘ oder ‚[der] Einsatz von Game-Design-Elementen in Nicht-Spiele-Kontexten‘“7 bezeichnet. Gamification eignet sich gerade in der Kulturvermittlung, da sie die intrinsische Motivation anregen und somit das Lernen fördern kann. So können Gaming-Effekte in Vermittlungsangebote miteingebaut und durch Belohnungen, Level-Aufstiege oder Punkte ein angenehmes und motivierendes Lernumfeld geschaffen werden.

 

8. Künstliche Intelligenz (KI)
Künstliche Intelligenz oder Artificial Intelligence beruht auf Maschinenlernen. Diese „Maschinen“ bestehen aus künstlichen? neuronalen Netzwerken, welche in ihrer Signalweitergabe an biologische Nervenzellen angelehnt sind. „Anhand von Trainingsdaten, mit denen die Maschinen in großen Mengen gefüttert werden, lernen sie nach einiger Zeit, Muster und Gesetzmäßigkeiten zu erkennen“8 und können eigenständig Probleme lösen.

 

9. Serious Games
Als Serious Games werden didaktische Spiele bezeichnet, welche es Spieler:innen „erlauben, reale Fragen und Probleme in einer fiktiven (=sicheren) Umgebung zu bearbeiten.“9 Serious Games eignen sich deshalb besonders gut für die Kultuvermittlung, da sie die intrinsische Motivation stimulieren und somit Lerneffekte fördern.

 

10. Responsive Design
Ein Responsive Design ist ein Design, welches sich flexibel an das Nutzerverhalten und dessen Bedarfe anpassen kann – so z.B. bei einer Website, welches sich an die Bildschirmauflösung verschiedener technischer Endgeräte anpasst und so eine hohe Benutzerfreundlichkeit bietet.

 

11. Virtuell – virtuelle Reality/ Virtual Reality (VR)
Virtuell ist etwas, das von technischen Geräten nur „simuliert“ wird. Virtuell oder eine virtuelle Realität ist eine künstliche Welt, in der Menschen künstliche Avatare steuern, mit der Welt agieren und kommunizieren können. Virtual Reality Brillen geben den Nutzer:innen die Möglichkeit, sich in virtuellen Realitäten aus der Ego-Perspektive umzusehen und stärken damit die Immersion, so dass virtuelle Umgebungen realer wirken.

 

12. Der Virtueller Raum
Der virtuelle Raum unterscheidet sich vom realen Raum durch die tatsächliche physische Präsenz unserer Umgebung. Im realen Raum stehen wir uns körperlich gegenüber. Der virtuelle Raum wird als simulierte Welt geschaffen, in welchem wir uns bspw. mit Avataren bewegen. Bekannt sind hierbei insbesondere Tools wie VR-Brillen, die dieses virtuelle Erlebnis ermöglichen und Nutzer:innen je nach Kontext spezifische Realitätserlebnisse anbieten.

 

13. Virtuelles Museum
Ein solch virtueller Raum ist beispielsweise ein virtuelles Museum. Es wird als künstlicher Raum von Programmierer:innen geschaffen und simuliert eine Welt, welche sich von der realen unterscheidet. Im virtuellen Museum sollen Besucher:innen ihren Weg durch diese Welt „selbst bestimmen und aktiv in das gegenwärtig Erlebte eingreifen können“10. Im Gegensatz zu herkömmlichen Museen können im virtuellen Raum neue Möglichkeiten der Vermittlung geschaffen werden. Denn ein virtuelles Museum kann sich die Spezifika des virtuellen Raumes zu eigen machen und so den Besucher:innen mit den verschiedensten Tools erfahrbar machen.

 

 

 

1„digital“ beim Online-Wörterbuch Wortbedeutung.info (3.11.2021) URL: https://www.wortbedeutung.info/digital/ [Letzter Aufruf: 03.11.2021].

"digital" bei Whatis.com/de URL: https://whatis.techtarget.com/de/definition/Digital [Letzter Aufruf: 03.11.2021].

3 Tarkowski, Patrick (2018): Digitalisierung: Was ist das? Eine Definition. In: Digital Magazin URL: https://digital-magazin.de/digitalisierung-definition/ [Letzter Aufruf: 03.11.2021].

"Digitales Museum" In: Wissenschaftskommunikation.de URL: https://www.wissenschaftskommunikation.de/format/digitales-museum/ [Letzter Aufruf: 03.11.2021].

"born digital" In: Deutsche Digitale Bibliothek URL: https://pro.deutsche-digitale-bibliothek.de/glossar/born-digital [Letzter Aufruf: 03.11.2021].

Hauck, Katharina (2020): Gamification und Serious Games. Perspektiven einer spielerischen Kulturvermittlung. In: Kultur Bewegt URL: https://kultur-bewegt.lwl.org/de/gamification-und-serious-games-perspektiven-einer-kulturvermittlung-mit-gamingaspekten/ [Letzter Aufruf: 03.11.2021].

Hauck, Katharina (2021): Künstliche Intelligenz und Robotik in der Kulturvermittlung. In: Kultur Bewegt URL: https://kultur-bewegt.lwl.org/de/ki-robotik-in-der-kulturvermittlung/ [Letzter Aufruf: 03.11.2021].

Hauck, Katharina (2020): Gamification und Serious Games. Perspektiven einer spielerischen Kulturvermittlung. In: Kultur Bewegt URL: https://kultur-bewegt.lwl.org/de/gamification-und-serious-games-perspektiven-einer-kulturvermittlung-mit-gamingaspekten/ [Letzter Aufruf: 03.11.2021].

9 „virtuell“ beim Online-Wörterbuch Wortbedeutung.info (3.11.2021) URL: https://www.wortbedeutung.info/virtuell/ [Letzter Aufruf: 03.11.2021].