KULTUR
Innovative Formen medialer Kulturvermittlung
BEWEGT
Die Bespielung von Social-Media-Kanälen ist heutzutage für Museen jeglicher Größenordnung nahezu unerlässlich, so auch für das Museum Relígio in Telgte: Besucher:innen können über die sozialen Medien jederzeit Neuigkeiten rund um den Museumsbetrieb unmittelbar auf ihr Smartphone erhalten und unkompliziert mit dem Haus in Kontakt treten. Gleichzeitig dienen die Kanäle natürlich auch dazu, die Einrichtung neuen potenziellen Besucher:innen bekannt zu machen und diesen zu ermöglichen, das Museum bereits vor dem Besuch kennenzulernen. Die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Lockdowns bestätigen einmal mehr, wie wichtig die Online-Kommunikation für Kultureinrichtungen und Kulturschaffende ist.
RELíGIO – Westfälisches Museum für religiöse Kultur
Das Relígio – Westfälisches Museum für religiöse Kultur, 1934 als Wallfahrts- und Heimatmuseum gegründet, besteht seit mehr als 80 Jahren. In der Telgter Altstadt gelegen, präsentiert es seit der Neukonzeption im Jahr 2012 das religiöse Leben der Menschen in der Region und darüber hinaus von den Anfängen bis in die Gegenwart. Ausgehend von Westfalen wird der Blick über die regionalen Grenzen sowohl in Dauer- als auch in Wechselausstellungen angestrebt. Der Dialog der Religionen ist ein wichtiges Ziel der Museumsarbeit.
Museum Relígio auf Instagram
Seit 2018 betreibt das Relígio einen eigenen Instagram-Kanal. Auf diesem präsentieren wir aktuell in etwa wöchentlichem Rhythmus Highlights und Neuigkeiten aus dem Museum. Hatten wir den Kanal zunächst noch eher unregelmäßig bespielt, bildete der erste Corona-bedingte Lockdown im März 2020 einen echten Wendepunkt für unsere Arbeit mit den sozialen Medien. Die persönliche Kommunikation mit den Besucher:innen kam durch die Schließung unseres Hauses zu einem abrupten Halt und das Internet wurde unser wichtigstes Medium, um den Austausch weiterhin zu ermöglichen.
Die Strategie, die das Relígio dabei seit dem Frühjahr 2020 verfolgt, ist simpel und doch effektiv: Der Turnus der Posts pro Woche wurde gesteigert und Nutzer:innen so stetig mit Neuigkeiten aus dem Museum versorgt. Zudem entstand die Idee, neben den auf Instagram bereits gängigen Hashtags, wie dem #depotdienstag oder dem #throwbackthursday, sowie den bekanntesten Online-Events, z. B. der #MuseumWeek, einen neuen Hashtag und damit auch eine neue Social-Media-Aktion zu entwickeln. Nach langen Überlegungen und Diskussionen entschieden wir uns für den #FreitagsFavorit | en. Mit dem Format sollte der Kontakt zu ehemals analogen Besucher:innen und neuen Social-Media-Nutzer:innen gestärkt und der Bekanntheitsgrad des Museums gesteigert werden.
#FreitagsFavorit
Der #FreitagsFavorit wurde zunächst als eine Kombination aus einer digitalen und analogen Aktion für den Sommer 2020 geplant. Über einen Zeitraum von sieben Wochen stellte jeden Freitag ein:e Mitarbeiter:in des Relígio in einem kurzen Video auf Instagram und Facebook ein Lieblingsobjekt – einen Favoriten – der Dauerausstellung oder der Sammlung vor. Zusätzlich zu den Videos konnten die Favoriten zwischen den Lockdowns auch live im Museum besucht und angeschaut werden. Woche für Woche entstand so eine Mini-Ausstellung im Kleihues-Bau des Museums auf einer kleinen Freifläche unmittelbar vor dem sogenannten „Tisch der Religionen“.
Neben dem „Entdecken“ der vielfältigen Sammlung des Relígio, konnten Besucher:innen und Nutzer:innen auf diese Weise auch einen Teil des Museumsteams kennenlernen. Die Mitarbeiter:innen stellten sich und ihre Tätigkeit zu Beginn eines jeden Videos kurz vor. Den Anfang machte Museumsleiterin Dr. Anja Schöne, die, sozusagen topaktuell, ein 2020 erworbenes Stück der Museumssammlung präsentierte: Einen Gebetszettel aus dem 18. Jahrhundert mit einem Kupferstich und der Überschrift: „Ein schönes Gebeth zu der heiligen Frauen und Martyrin Corona“ (Inv.-Nr. 20-0381)
#digitalerAdventskalender – Geheimnis der Heiligen Nacht
Für den 7. November 2020 plante das Relígio die Eröffnung der 80. Telgter Krippenausstellung unter dem Motto Geheimnis der Heiligen Nacht. Zur Eindämmung der Corona-Pandemie mussten der Betrieb in den Kultureinrichtungen und das öffentliche Leben im November 2020 jedoch wieder drastisch zurückgefahren werden.
Glücklicherweise liefen schon seit Spätsommer 2020 die Planungen, das Jubiläum zusätzlich zu den Feierlichkeiten vor Ort durch einen digitalen Adventskalender über unseren Instagram-Kanal zu begleiten. Auch wenn wir die Jubiläumsausstellung also letztlich nicht physisch mit unseren Gästen feiern konnten, bestand zumindest die Möglichkeit das Geheimnis der Heiligen Nacht digital zu erleben.
Eigentlich hatten wir die Idee, unseren Adventskalender nicht allein, sondern als Kooperationsprojekt mit weiteren Museen und Kultureinrichtungen unter einem gemeinsamen Hashtag (inklusive gemeinsamer Bildsprache) aufzusetzen. Hinter jedem Türchen hätte so eine andere Einrichtung ein Exponat rund um das Thema Advent vorgestellt. Im Austausch mit möglichen Partner:innen für den digitalen Adventskalender stießen wir allerdings auf einige Schwierigkeiten, die die geplante Umsetzung erschwerten:
Eine gemeinsame Bildsprache mit anderen Häusern zu entwickeln, bedeutet, die eigene Social-Media-Bildsprache (zumindest für die geplante Aktion) zu vernachlässigen; der technische Aufwand und die Verteilung der Kalendertage unter den Häusern waren größer und komplizierter als zunächst angenommen; viele Einrichtungen hatten bereits eigene Ideen und Vorbereitungen für die Vorweihnachtszeit auf ihren Social-Media-Kanälen getroffen und damit keinen Platz mehr in ihren angelegten Redaktionsplänen.
Aufgrund dieser Entwicklungen rückten wir von unserem ursprünglichen Plan ab und zogen stattdessen lediglich die Nutzung eines gemeinsamen Hashtags in Erwägung, um die Kommunikation und Vernetzung untereinander und nach außen zu stärken. Der Hashtag sollte auf die Weihnachtszeit und den Austausch vor Ort in den Museen abzielen. Mit dem erneuten Lockdown ab November 2020 mussten wir jedoch noch einmal umdisponieren. So entschlossen wir uns schließlich dazu, auch diese Idee vorerst auf das Jahr 2021 zu verschieben.
Statt einer gemeinsamen Online-Aktion entschieden wir uns also für die Erstellung eines eigenen, hausinternen digitalen Adventskalenders, der auch ohne geöffnete Ausstellung Einblicke in die 80. Krippenausstellung geben sowie an Highlights der letzten Jahre erinnern sollte.
Begonnen am Wochenende des 1. Advents (29.11.2020), um Nutzer:innen bereits auf das digitale Angebot aufmerksam zu machen, starteten wir mit täglichen Türchen und Updates in den Dezember. Mit den Hashtags #GeheimnisderHeiligenNacht #Krippenausstellung und #digitalerAdventskalender konnten wir die Zahl der erreichten Nutzer*innen schnell steigern. Auch die Follower:innenzahlen schnellten in die Höhe, sodass wir einen Anstieg von etwa 25% verzeichnen konnten. Auffällig ist, dass gerade Nutzer:innen aus Ostwestfalen und dem Münsterland vermehrt unseren Account aufriefen.
Ein Highlight des Adventskalenders stellte eine Live-Führung am 22. Dezember dar: Kurz vor Heiligabend luden wir zu einem Live-Walk auf Instagram durch die Krippenausstellung ein, um allen Interessierten einen digitalen Einblick in die geschlossene Ausstellung zu ermöglichen. Dr. Simone Müller, Kulturvermittlerin im Relígio, zeigte einige Highlights der Ausstellung. Beworben wurde dieses Event nicht nur via Instagram, sondern auch in Printmedien und TV. Der Live-Walk zählt sicherlich zu den erfolgreichsten Tagen in Bezug auf die Akquise neuer Nutzer:innen.
...und noch viel weiter
Mit viel Spaß, Freude und Ideenreichtum sind wir an die Vorbereitung dieser Zeit gegangen und haben uns auch von kleineren Rückschlägen nicht aufhalten lassen. Ein immer wieder auftauchendes und nicht zu unterschätzendes Problem, was sicherlich auch in anderen kleineren Häusern bekannt ist, ist der Aufwand und die Ressourcen, die für die stetige Bespielung von Social-Media-Kanälen nötig sind.
Unser erklärtes Ziel, Besuchern:innen, Nutzer:innen und Interessierten weiterhin Updates und Einblicke über Instagram und Facebook zu bieten, können wir daher am besten durch eine Kombination aus (aufwändigeren) Aktionen und regelmäßigen Posts erreichen. Wenn auch nicht täglich, so aber zumindest mehrmals die Woche, idealerweise an festgelegten Tagen, werden wir weiterhin aus dem Relígio berichten. Wechselausstellungen sollen auch zukünftig von speziellen Online-Angeboten begleitet werden.
Malin Drees ist seit Januar 2021 stellvertretende Museumsleitung im Relígio – Westfälisches Museum für religiöse Kultur. Zusätzlich ist sie seit Januar 2020 wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungsprojekt „Mittelalterliche Schiefertafeln aus Köln“, angesiedelt am Seminar für Judaistik der Goethe-Universität Frankfurt am Main.
An der Ruhr-Universität Bochum hat sie Religionswissenschaft und Geschichte studiert und dort nach dem Studium am Centrum für religionswissenschaftliche Studien (CERES) bei Prof. Dr. Alexandra Cuffel (RUB – CERES) und Prof. Dr. Ivan Marcus (Yale University, New Haven Conn.) im Bereich der jüdischen Religionsgeschichte promoviert.
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